Zukunftsgestalter*innen am Werk

„Vielfalt, die sich nicht zur Einheit ordnet, ist Verwirrung. Einheit, die sich nicht in Vielfalt gliedert, ist Tyrannei.“

Blaise Pascal


Wir leben in einer Zeit des Umbruchs! Megatrends wie Digitalisierung und Globalisierung revolutionieren die Art wie wir arbeiten, leben und denken. Was es deshalb braucht, ist eine Zusammenarbeit, die es ermöglicht den komplexen und dynamischen Veränderungen zu begegnen. Gefragt sind vielfältige Fähigkeiten, Erfahrungen und Ideen. Und Vielfalt ist der Schlüssel zur Innovation. Doch damit sie sich zeigen und entfalten kann, braucht es eine Kultur, die unterschiedliche Blickwinkel und Verschiedenartigkeit nicht nur akzeptiert, sondern auch wertschätzt und aktiv fördert.

 

Okay, damit ist eigentlich schon alles gesagt! Oder? Denn eigentlich gibt es gegen diese Eingangsthese nichts einzuwenden.

 

Bislang habe ich, bis auf ein paar reaktionäre Einwände, auch wenig Gegenteiliges gehört. Und dennoch fällt es Unternehmen auch 2018 immer noch schwer, Vielfalt sichtbar zu machen und diese im Sinne des Unternehmens zu nutzen.

 

Die Einfalt des „Thomas Kreislaufs“

 

Wie ich darauf komme? Nun da musst man nur in die Führungsetagen der meisten deutschen Unternehmen schauen. Viele davon haben immer noch „all-male-boards“. Von Frauen keine Spur. Die AllBright Stiftung aus Berlin nennt dieses Phänomen den „Thomas Kreislauf“. Sie hat 160 börsennotierte Unternehmen des DAX, TecDax und MDAX unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: die Vorstände dieser Firmen bestehen zu 93 Prozent aus Männern, die sich in Alter, Herkunft und Ausbildung stark gleichen. „Der deutsche CEO umgibt sich am liebsten mit Spiegelbildern seiner selbst; 5 Prozent der CEOs heißen Thomas, und es gibt mehr Vorstandsmitglieder, die Thomas oder Michael heißen als es insgesamt Frauen gibt“ schrieb die Stiftung im vergangenen Jahr in ihrem Bericht.

 

Dass es auch anders geht, zeigen Länder wie die USA oder Schweden. Dort liegt der Frauenanteil auf Vorstandsebene zwischen 20 und 25 Prozent. Wer dem mal genauer nachgehen möchte, dem empfehle ich die Publikationen der Allbright Stiftung, die sich für mehr Vielfalt in Führung engagiert.

 

Mit Regeln in den Abgrund

 

Fehlende Vielfalt zeigt sich aber ebenso in rigiden Strukturen und traditionellen Unternehmenskulturen. Da werden Prozesse wie auch Mitarbeiter in starre Formen gepresst. Am Ende wundern man sich, warum Mitarbeiter keine Verantwortung übernehmen und es vorziehen den systemeigenen Regeln folgen. Da bildet VW, das derzeit mit Dieselgate am Pranger steht, nicht die Ausnahme, sondern ist nur eines von vielen Unternehmen, in dem impliziten und explizite Regeln die Zusammenarbeit gestalten und nicht die Menschen selbst. Da folgt man dem vorauseilenden Gehorsam auch gerne bis in den Abgrund, denn die Verantwortung für das eigene Handeln wird außerhalb der eigenen Person verortet.

 

Wiederholende Muster als Beruhigungspille

 

Aber wieso ist das so? Nun dafür gibt es sicherlich viele gute Gründe. Wir Menschen folgen gerne wiederkehrenden Mustern. Damit verbinden wir größere Erfolgsaussichten. Es wirkt geradezu beruhigend den immer gleichen Handlungsmustern zu folgen. Außerdem gibt uns Sicherheit, zu wissen, was einen erwartet. Auch wenn damit einher geht, dass wir an den immer gleichen Stellen in den sauren Apfel beißen müssen. Selbst diese Konstanz, kann Sicherheit vermitteln. Wer dann noch halbwegs erfolgreich ist, der fühlt sich sehr schnell dem Glaubenssatz „Never change a winning team“ verpflichtet.

 

Hochmut kommt vor dem Fall

 

In Zeiten, die von Dynamik und Komplexität geprägt sind, ist diese Strategie jedoch kein Erfolgsgarant, sondern kann sogar zur existentiellen Bedrohung werden. Denn sie verbauen den Blick auf Chancen oder alternative Lösungen. Jogi Löw kann darüber aktuell sicherlich ein Lied singen.

 

Besonders gefährdet sind erfolgsverwöhnte Unternehmen. Bei ihnen leidet das Gespür für den Kunden, das Gespür für neue Möglichkeiten und manchmal sogar der ethische Kompass besonders oft. Da wird die eigenen Produkte, die eigene Methoden zu „goldenen Kühen“, die angebetet und bis aufs Blut verteidigt werden.

 

Aber wie heißt es so schön: „Hochmut kommt vor dem Fall.“ Kodak, Schlecker, Nokia, Quelle, Arcandor … Sie alle zeugen davon, wohin der Weg von ganz oben führen kann. Aktuell stehen Unternehmen wie VW, die Deutsche Bank oder auch die Commerzbank unter Druck. Auch wenn sie noch vermeintlich stabil erscheinen, so stehen diese Unternehmen am Scheideweg. Vor allem die beiden Banken sind angezählt. Denn die Unternehmen der fintech-Branche sind pfiffig und sie zeigen den Großen ihre Schwächen und verpassten Chancen auf. Hier allen voran das Unternehmen wirecard aus München.

 

Vom Schmuddelkind zum fintech-Star

 

Wirecard wurde 1999 noch während der Dotcom-Blase gegründet und läuft den beiden Traditionsbanken in Bezug Gewinn und Börsenwert mittlerweile den Rang ab. Als Anbieter für (Kredit-)Zahlungsverkehr perfektionierte wirecard die notwendige Technik, um mit den geringen Margen dennoch gutes Geld verdienen zu können. Gestartet ist das Unternehmen mit dem Zahlungsverkehr für Glückspiel- und Porno-Webseiten.

Aber diese Zeit sind längt vorbei. Das Unternehmen zählt die Lufthansa, Microsoft oder auch Apple und Google zu seinen Kunden. Alleine in der ersten Jahreshälfte wickelte das Unternehmen Zahlungen von mehr als 56 Milliarden Euro ab und generierte damit mit einen operativen Gewinn von 245 Millionen Euro. Dies entspricht alleine in diesem Jahr einem Zuwachs von 39 Prozent.

 

An der Börse wird die wirecard AG aktuell mit einem Gesamtwert von 23 Milliarden Euro gehandelt. Damit hat sie die beiden traditionsreichen Player Deutsche Bank (20 Mrd.) und Commerzbank (10 Mrd.) überholt. Und so hat es erfahrene Analysten sicherlich nicht überrascht, dass letzte Woche nun der Wechsel von wirecard aus dem TecDax in den Dax verkündet wurde und die Commerzbank nun aus dem DAX weichen muss.

 

Wenn Erfahrungen den Blick verstellen

 

Aber was hat wirecard nun mit Vielfalt zu tun? Nun wirecard konnte sich in den letzten Jahren in einem Geschäftsfeld vom Schmuddelkind zum Musterknaben mausern, das die Traditionsbanken längst abgeschrieben hatten. Zu geringe Margen, zu unbedeutend, lautete deren Bewertung. Ihr Blick, auf das was möglich ist, war verstellt von Erfahrungen der Vergangenheit. Was fehlte, war der Blick in die Zukunft und auf die technischen Möglichkeiten von Internetzahlungen.

Und da in vielen Unternehmen nach dem Grundsatz eingestellt wird: „Gleich und gleich gesellt sich gerne“, ist nicht nur der gemeinsame Rahmen schnell abgesteckt, sondern auch der gemeinsame Horizont eng begrenzt. Erst durch alternative Blickwinkel und Erfahrungsräume, die alt her gebrachtes hinterfragen und herausfordern, entsteht Energie und Platz für wirkliches Neues.

 

Nur die Harten kommen in den Garten

 

Kollaboration und Kooperation heißt die Zauberformel in der neuen Arbeitswelt. Und auch wenn dabei viele an hippe Großraum-Lofts und Tischkicker denken. New Work ist kein Ponyhof. Ganz im Gegenteil. Denn der Umgang mit Vielfalt in einem kooperativen und kollaborativen Setting bedarf es mehr als „chilling zone“ und kostenfreien Obstkorb.

 

Gelebte Vielfalte bringt eine Vielfalt von Blickwinkeln und Positionen mit sich. Im Idealfall werden damit die verschiedensten Erfahrungen, Kompetenzen und Ideen sichtbar. Gleichzeitig bedeutet das für alle Beteiligten, mit dieser Andersartigkeit auch umzugehen. Das ist vor allem dann herausfordernd, wenn die eigenen Werte oder Denkmuster hinterfragt werden. Das kann schon mal an den eigenen Grundfesten rütteln. Aber wie heißt es so schön: „Nur die Harten kommen in den Garten“.

 

Ein starkes Wir braucht ein starkes Ich

 

So gilt es den Umgang mit Konflikten zu lernen und weiter zu entwickeln, so dass die Auseinandersetzung über unterschiedliche Auffassungen nicht im Kleinkrieg endet, sondern in gewinnbringenden Lösungen. Was es dafür braucht sind Egos, die sich selbst zurücknehmen und in den Dienst der gemeinsamen Sache stellen. Für diese Haltung bedarf es der kontinuierlichen Selbstreflexion und der Selbstführung. Das gibt es nicht eben mal schnell bei Starbucks oder an der Supermarktkasse „to go“. Das braucht Zeit genauso wie vertrauensvolle Beziehungen – im privaten wie beruflichen. Und so gilt für die Zukunft der Arbeit „ein starkes Wir – braucht ein starkes ich“.

 

Gemeinsamen Rahmen abstecken

 

Wenn das gegeben ist, dann wird das Abstecken des gemeinsamen Spielfelds zum Kinderspiel. Denn jeder begreift, dass die Andersartigkeit des Gegenüber eine Bereicherung ist, auch wenn sie einem von Zeit zu Zeit auch mal den Nerv raubt. Was dann gelingt ist ein gemeinsamer „Schaffens-Raum“ in dem Menschen ihre Potentiale und Idee einbringen – ohne Angst, vor Zurückweisung oder Demütigung. Die Bedeutung dieser „emotionalen Verlässlichkeit“ zeigte auch eine Arbeitsstudie bei Google. Zentrales Ergebnis: die Basis jedes erfolgreichen Teams ist „psychological safety“.

 

Fazit

 

Und hier schließt sich der Kreis: Wer Vielfalt, in all ihren Facetten, sichtbar macht, wertschätzt und aktiv födert, kreiiert eine Kultur, in der sich das Potential der Organisation entfalten kann. Dabei entstehen Produktinnovationen. Es entwickelt sich aber vor allem ein Unternehmen, das seine eigene Zukunftsfähigkeit kontinuierlich weiterentwickelt.

Was das nun für dein Team / deine Organisation bedeutet? Nun vielleicht stellt Ihr Euch in einem ersten Schritt die folgenden Fragen.

  • Wie zeigt sich Vielfalt in Deinem Team / in Deiner Organisation?
  • Worin seid Ihr Euch ähnlich? Was unterscheidet Euch?
  • Wie geht ihr mit diesen Unterschieden um?
  • Welche relevanten Perspektiven könnt Ihr mit Eurer Teamstruktur nicht abbilden?
  • Wie bezieht Ihr verschiedenartige Perspektiven und Blickwinkel, auch von außerhalb Eurer „bubble“ ein?

Viel Spaß schon mal vorab beim Erkunden, Wertschätzen und Erweitern Eurer Vielfalt!


Dieser Blogbeitrag erschien am 10.09.2018 auf dem Unternehmensblog von t2informatik. Vielen Dank, lieber  Markus Schenkel, für die Veröffentlichung.



Nadine Nobile ist Gründerin von CO:X und geht als neugierige New Work Enthusiastin leidenschaftlich gern verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven nach. Immer mit dem Ziel den eigenen Horizont zu erweitern und ihre Gedanken mit anderen zu teilen.



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